Mittwoch, 11. Mai 2016

Afternoon Coffee in London

Zu unserem 100. Blogbeitrag haben wir uns gleich selber beschenkt, mit einer Reise nach London. Wir wollten Londons Kaffeeszene mal auf den Zahn fühlen, der Queen zum 90. Geburtstag gratulieren, wieder mal Fish&Chips futtern und natürlich auch ein bisschen lädele, oder shoppen, wie man heute sagt. Wer weiss, vielleicht sagt der Engländer ja bald lädele (Honey, would you mind lädele with me?), an jeder Ecke leuchteten uns ein Matterhorn, ein Schiff auf dem Vierwaldstättersee und ein paar grumpy old Appenzeller entgegen. Dank dem grossen Engagement von Tourismus Schweiz fühlen wir uns auf alle Fälle schnell heimisch. Am Boroughs Market wird die Zeit mit einer Schweizer Bahnhofsuhr gemessen und welches andere Land präsentiert sich, an bester Lage, mit einem eigenen Glockenspiel?


Einst galt England als die Tee-Nation der Welt. Wenn man sich in den Luxus-Warenhäusern wie Harrods und Fortnum & Mason umschaut,dann ist das Teeangebot immer noch einiges grösser (und besser) als das Kaffeesortiment. In den Strassen aber hat der Kaffee schon lange seinen Siegeszug angetreten. An jeder zweiten Ecke lädt eine grosse Kaffeehauskette zum kleinen Schwarzen ein. Starbucks, Caffé Nero, Costa, Prêt à manger oder Café rouge buhlen um die Gunst der Kunden, und dies recht erfolgreich. In seiner Montagsausgabe berichtet The Telegraph über den Boom der Coffee Shops und den damit verbundenen Anstieg der Immobilienpreise. Was uns erstaunt hat ist die Nachhaltigkeitswelle auf der oft geritten wird. Prét à manger zum Beispiel informiert ihre Kundschaft mit grossen Anzeigen, dass Regenwälder cool und deshalb schützenswert sind und schreibt sich biologischen Kaffee und natural food gross auf die Fahne.




Wir interessieren uns aber mehr für die kleinen, unabhängigen Kaffees, die, die meistens selber rösten oder dann ausgewählten Kaffee von kleinen, erstklassigen Röstereien/Produzenten anbieten und über echtes Barista-Know how verfügen. Das Erste, dem wir einen Besuch abstatten, ist das Prufrock Coffee in der Leather Lane im  Trendquartier Clerkenwell. Hier gibt es nicht nur ausgezeichneten Filterkaffee (und wunderschöne Cappuccini) sondern auch ein leckeres Frühstück und, vor allem, eine renommierte Kaffeeschule. Dass die Engländer dem Tee trotzdem die Treue halten, beweist der Cold Brew Tea den man hier erhält.



Das Zweite Café auf unserer Liste ist das Kaffeine. Davon gibt es zwei in London, wir besuchten das an der Eastcastle Street und fanden einen, im Gegensatz zu den meisten anderen, modern eingerichtetes, recht dunkel aber mit viel Holz doch wohnlich ausgestattes Quartiercafé. Anstelle des Afternoon Teas haben wir dort einen Afternoon Coffee in Form eines Cold Brew getestet. Der hat uns nicht ganz überzeugt. Das Kaffeine gilt als eines der besten Espressobars von ganz England, das testen wir beim nächsten Mal. Überhaupt gibt es noch ganz viel zu testen, denn es gibt nicht nur eine Speciality Coffee Map die in der vierten Auflage erschienen und auch als App erhältlich ist sondern auch den brandneuen The London Coffee Guide 2016 den man in fast allen hier vorgestellten Cafés erwerben kann.


Nicht sehr weit vom Kaffeine entfernt befindet sich das TAP. Auch hier im Soho-Viertel wird gerne handgefiltert, sei es mit der Chemex oder der Aeropress. Der Kaffee schmeckt wie das Ambiente, voll, fröhlich und aufgestellt.



Fast ein kleiner Geheimtipp ist das Knockbox im Holbornquartier. Hier haben wir einen, so wie unseren Kaffa Wildkaffee an der Sonne auf aufgehängten Matten getrockneten Kaffee aus Brasilien getrunken. Der Espresso war unheimlich fruchtig und hat uns ausgezeichnet geschmeckt. Genauso gut wie das hausgemachte Ei-Spinat-Sandwich und die Erbsen-Minze-Suppe. Gleich nebenan findet Mann übrigens ein gutes Kleidergeschäft, das Folk Clothing, wo es nebst modischem auch einfaches, klassisch Gutes gibt.


Ein Muss für jeden Londonbesucher und jede Kaffeeliebhaberin ist ein Besuch im vor 129 Jahren gegründeten Laden Algerian Coffee Stores. Ein Spezialitätenladen der Extraklasse mit rund 80 verschiedenen Kaffeesorten an Lager. Der erstklassige Coffee to go kostet hier übrigens gerade mal 1 Pfund.







Natürlich gibt es in London nicht nur Kaffee zu entdecken. Nebst den vielen bekannten Touristenattraktionen hat es uns, wie könnte es anders sein, vor allem der Borough-Food-Market angetan. Die Qualität reicht von industriell bis Slow Food, das Angebot an Take away ist überwältigend. Wir hätten uns vermutlich drei Tage lang satt essen können. Was uns besonders gefreut hat ist die Tatsache, dass wir auch längere Zeit in London überleben könnten, denn wir haben bei Jumi den berühmten Belperknollen entdeckt.







Und wenn wir schon gerade beim Essen sind geben wir hier doch gleich noch unsere Restaurant-Tipps für London. Da ist einmal die ausgezeichnete, mit frischer und biologischer Marktküche aufwartende französische Weinbar Antidote. Und dann darf man das nur unter der Woche geöffnete Restaurant Clerkenwell Kitchen nicht verpassen, sei's zum Frühstück oder Lunch. Daneben gibt es natürlich 1001 indische Restaurants, chinesische, koreanische und, selbstverständlich, britische Pubs die alle wunderschön mit Stiefmütterchen dekoriert sind und vor denen die Leute liebend gerne in ganzen Truppen stehend ihr Bier an der Frühlingssonne geniessen. Wer nun aber doch noch eine kulinarische Entdeckung jenseits von Curry, Sushi und Bier machen möchte, dem empfehlen wir das Lima Floral mit seiner raffinierten peruanischen Küche. Und wer sich unter Einheimische mischen will der findet im The Cut, unweit des Waterloo-Bahnhofs eine gutes und günstiges Restaurant, wo man schnell miteinander ins Gespräch kommt. Und wenn man nur Zeit hat für ein einziges Restaurant dann muss es unbedingt das Duck Soup sein, unser absoluter Favorit.










Zu guter Letzt kann man in London auch bestens im Hyde Park flanieren, in den Quartieren bummeln, wunderschöne rote, weiss oder schwarz getünchte Backsteinhäuser bestaunen, oder in der City modernste Wolkenkratzer, auf die Kuppel der St Pauls Cathedral steigen und die tolle Aussicht geniessen, zufällig hinter dem King's Cross Bahnhof in eine kleine Ausstellung des Aston Martin Owner Clubs laufen, im The Lighter Man Avocado mit pochiertem Ei brunchen während dem sich die Kinder im Springbrunnen davor tummeln, dem Grand Union Tow Path nach Camden folgen und die schmalen Wohn-Schiffe bestaunen, im Regent Park inmitten von tausenden von Gänseblümchen picknicken oder im London Eye (am besten Tickets für den Fast Track im voraus buchen) die Stadt von oben bestaunen. Oder eben lädele. Nicht verpassen sollte man, auch wenn man nichts kauft weil es so sündhaft teuer ist, das uralte Kaufhaus Liberty. Die Holzkonstruktion ist wirklich sehenswert. Und wer Lust hat, kann sich natürlich auch bei Fortnum & Mason einen schön präsentierten Sandow's Cold Brew Coffee kaufen, 2 dl für 4 Pfund oder bei Harrods ein Eau de Sail, ein Mineralwasser aus Frankreich in der, zugegeben schönen, 4 dl-Flasche für 25 Pfund. Was wir eingekauft haben? Bitterorangenkonfitüre. So viel dass wir auf dem Rückflug Übergepäck hatten.


London ist eine fantastische Stadt. Sie hat Stil, sie hat Charme, sie ist grosszügig. Sie ist teuer, man kann aber auch gut und günstig essen und einkaufen. Für die Fortbewegung sind die öffentlichen Verkehrsmittel, zusammen mit einer Oyster Card und der Moovit-App für das Mobiltelefon unschlagbar. Natürlich hat London speziell auch für Musikbegeisterte enorm viel zu bieten, das British Museum ist ebenfalls einen Besuch wert und auch die Kunstszene ist äusserst lebendig. Aber das sparen wir uns auf wenn wir mal pensioniert sind. Das einzige was wir verpasst haben und sicher noch vor der Pensionierung nachholen werden ist ein Besuch des Souhtbank Centre Food Markets, anscheinend ein Sahnehäubchen für Genussmenschen.

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