Mittwoch, 27. April 2016

Kaffee rösten - das Spiel mit dem Feuer

Rösten ist sinnliches Handwerk. Man braucht dazu Nase, Augen, Ohren und auch die Hände. Zumindest wenn man es so macht wie wir, nach alter, traditioneller Art, im Trommelröster auf offenem Feuer. Und dann braucht es auch Zeit, wie alle guten Dinge, und einiges an Erfahrung. Wasser gibt dem Kaffee seinen hinreissenden Geschmack, das Feuer gibt ihm sein unvergleichbares Aroma. Brotbacken kann jeder, und das mit recht guten Resultaten. Erwartet man aber durchs Band gleichbleibende Spitzenqualität kann Brotbacken ganz schnell ganz schön kompliziert werden. Und genau so ist auch beim Kaffee rösten. Gerne geben wir nachfolgend einen kleinen Einblick in die faszinierende Welt des Kaffeeröstens.

© istockphoto
Kaffeerösten ist in erster Linie eine Frage des Geschmacks. Und Geschmäcke verändern sich, von Land zu Land, von Kultur zu Kultur, von Generation zu Generation aber auch mit dem zunehmendem Alter, mit der Gemütsstimmung und je nach Geschlecht. Wurde bei uns in den vergangen Jahrzehnten der Kaffee eher dunkel geröstet (auch um mindere Qualität zu kaschieren) wird er heute eher heller bevorzugt. Das Bittere macht so fruchtigen Aromen Platz. Um diese Aromen in der Kaffeebohne zu entwickeln braucht es Hitze. Nun ist aber Hitze nicht gleich Hitze und Zeit ist ja Geld. Deshalb dauert eine Industrieröstung etwa drei bis vier Minuten, wir schenken den Bohnen über zwanzig Minuten unserer Aufmerksamkeit und Fürsorge.


Am Anfang steht der Rohkaffee, die grüne Bohne. Unter passenden Bedingungen kann eine Rohbohne bis zu zwei Jahre gelagert werden. Unsere Bohnen werden im Fruchtfleisch an der Sonne getrocknet. So zieht mehr Fruchtzucker in die Bohne. So genannt trocken aufbereiteter Rohkaffee ergibt kein einheitliches Röstbild, das Endresultat wird also durch eine Durchschnittsfarbe bestimmt. Dann braucht es natürlich auch Feuer, in unserem Fall einen mit Gas betriebenen Röstofen mit Lochtrommel. Dieser wird erstmal auf rund 130° C vorgeheizt. Dann folgt der Einwurf der grünen Bohnen. Die Temperatur sackt auf rund 70° C ab, die Bohnen verlieren in dieser Phase viel Wasser (und somit bis zu 20% ihres Gewichts), trocknen und tanken sich nun mit Rösthitze auf. Die Zersetzungsprozesse beginnen, Inhaltsstoffe lösen sich aus den Zellwänden, der Zucker in den Bohnen zerfällt, die Farbe wechselt zu einem zitronigen Gelb. Es riecht erst nach warmen Kirschkernen, dann etwas nach feuchtem Heu oder Gras.


In der zweiten Phase geht der Geruch von Heu zurück. Aufgrund der berühmten (und beim Fleisch so beliebten) Maillard-Reaktion entstehen nun Aromen von geröstetem Brot. Der Zucker beginnt zu karamellisieren. Die Bohnen haben nun einen Grossteil ihres Wassers verloren, blähen sich durch das entstehende CO2 auf, der innere Druck steigt und auch die Farbe wechselt jetzt schnell ins Braun. An dieser Stelle hat das Spiel mit dem Feuer bereits angefangen. Wie flach soll die Temperaturkurve ansteigen um eine möglichst harmonische Röstung zu erhalten, nicht zu lange, nicht zu kurz und je nach Kaffeesorte und Lieferung verändert sich das, wenn auch minim, denn Kaffee ist ein Naturprodukt. Dieses kommt nicht immer in der gleichen Qualität daher, ist nicht immer gleich trocken. Eine nervkitzlige Aufgabe die viel Erfahrung voraussetzt.


Bei 180° C fangen die Bohnen wie Popcorn an zu poppen. Wasserdampf und CO2 lassen einige (aber längst nicht alle!) Zellen aufbrechen. Diesen Vorgang nennt man First Crack. Die Hitze wird nun reduziert, die Kurve soll nur noch ganz flach ansteigen. Die Silberhäutchen die die Bohnen bis anhin umwickelt haben sind jetzt alle weggesprengt. Ein Gebläse zieht sie ab damit sie nicht Feuer fangen und sich unerwünschte Raucharomen entwickeln. Es gibt übrigens schon ein paar grosse Chefs die diese in der gehobenen Gastronomie verwenden. Ein würziger, herzhafter Geruch macht sich bemerkbar. Unser Röstmeister Willy Zemp kontrolliert nun ständig die Farbe, vergleicht sie mit dem Muster und erriecht auch die Entwicklung denn nun werden die Röstaromen ausgebildet. Dies ist die alles entscheidende Phase, die auch "cœur de cuisson" genannt wird. In weniger als drei Minuten werden die Bohnen immer dunkler, immer runder, aber noch sind die ätherischen Öle im Innern eingeschlossen. Die Säure, dann die Aromen, der Körper und schlussendlich die Bitterstoffe entwickeln sich in engaufeinanderfolgenden Wellen. Nun liegt es an Zemp zu entscheiden, welchen Geschmack er dem Kaffee mit auf den Weg geben will, ob er eher dem Trend nach hellen Röstungen folgen oder ob er dem Kaffee einen eigenständigen Charakter verpassen will und, dementsprechend, wann er die Bohnen aus der Trommel auswirft. Dies sollte vor dem Second Crack passieren weil dieser die Zellstrukturen der Bohnen bricht.


Nun folgt die letzte, aber nicht minder wichtige Etappe des Abkühlens. Damit die Bohnen durch die Restwärme nicht weiterrösten ist eine schnelle und effiziente Abkühlung innerhalb von drei bis fünf Minuten nötig. Grosse Arme drehen in dieser Zeit die Bohnen. Industriell wird auch oft mit Wasser gekühlt, dieses erhöht das Gewicht der Bohnen und dieses kann so zum Preis des Kaffees verkauft werden. Im weiteren altert mit Wasser gekühlter Kaffee schneller. Wir lassen den Kaffee dann noch zwischen 12 und 24 Stunden ausgasen bevor wir ihn verpacken, das Lagern an der Luft treibt den Reifeprozess des Kaffee voran. Das Rösten ist für die Kaffeebohnen ein ziemlicher Stress. Deshalb soll er nun, wie frisch abgefüllter Wein, etwa drei bis vier Wochen ruhen. Ganz frisch gerösteter Kaffee schmeckt grasig, Sie sollten deshalb Ihrem Kaffee besser etwas Zeit lassen und eher keinen röstfrischen verwenden. Nach der Ruhezeit haben sich die Aromen ineinander verwoben und bilden so einen harmonischen Teppich. Dieser hält drei bis vier Monate in einer Aromaverpackung, dann baut er sich ganz langsam ab. Ein einjähriger Kaffee ist immer noch geniessbar, er schmeckt vermutlich einfach etwas flacher.


Das Wichtigste beim Rösten ist aber die Passion, das Spiel mit dem Feuer verlangt Leidenschaft. Jeder kann die Maschine bedienen aber nicht jeder kann rösten. Es braucht einiges an Fingerspitzengefühl um aus den grünen Bohnen eine wunderbar ausgewogene Röstung zu produzieren. Viele Röstereien haben ihre Röstmeister durch billige Arbeitskräfte ersetzt und merken erst jetzt, dass es halt doch nicht so einfach ist. Bei unserem Röstmeister fliesst Kaffee in den Adern. Wenn das keine Leidenschaft ist ...

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