Wäre James Bond ein italienischer Agent und kein britischer würde er anstelle des Vodka Martini, gerührt, nicht geschüttelt, sicherlich einen Espresso trinken, frisch gemahlen. Sicherlich nicht aus der Kapsel wie uns das George Clooney oder der Café Royal Agent zurzeit gerade in Werbefilmchen weismachen wollen, denn Agenten haben Stil, zumal britische. Und vermutlich auch italienische, obwohl wir etwas Mühe bekunden, uns vorzustellen, wie ein italienischer Agent aussehen müsste... Seit unserer Kindheit, als wir nach der Kasse beim Grossverteiler den Kaffee in die dort stehenden Mühlen schütten und frisch in die Tüte mahlen durften, verfolgt uns das himmlische Aroma von frisch gemahlenem Kaffee. Für diejenigen, die zu Hause einen Vollautomaten oder einen Siebträger mit Mühle haben, ein tägliches, kleines Wunder. Alle anderen finden diesen Duft vielleicht noch in einer guten Kaffeebar.
Wir haben uns auf die Socken gemacht - genauer gesagt auf die Wandersocken - um diesen Duft einzufangen und ihn auch Leuten mit kleinem Budget und/oder wenig Platz zugänglich zu machen. Weil nicht jeder möchte sein Geld in eine so wichtige Nebensächlichkeit wie eine Siebträgermaschine aus hochglanzpoliertem Chromstahl investieren. Diese hat auch, genau wie ein Vollautomat, den Nachteil, dass sie etwas schwer wiegt, im Rucksack, und wenig nützt, wenn kein Stromanschluss vorhanden ist. Wir haben uns also auf die einfachste Zubereitung von Kaffee konzentriert.
Ein Holzfeuer, eine Handmühle, eine Mokka-Kanne und feinste Kaffeebohnen. Vielleicht sind wir auch ein wenig versnobt, aber wir haben auch unsere Porzellantasse mit in den Rucksack gepackt. Denn Stil hat man, dazu braucht man kein britischer Agent zu sein.
Wir haben uns ins Unterwallis begeben weil es dort, gemäss Benjamin Hohlmann von den Kaffeemachern, das
beste Kaffeewasser geben soll, speziell gut sei eines in einem Wasserfall bei Martigny. Wir haben lange nach einem fotogenen Plätzchen an einem kleinen Bergbach gesucht, an dem wir auch ein Feuer machen könnten.
Kennen Sie den Ausdruck "hangry"? Das ist eine Wortkombination aus hungry (hungrig) und angry (hässig). Als wir um drei Uhr nachmittags immer noch nichts gefunden hatten, beschlossen wir unser Picknick an diesem Hang mit Sicht auf den Genfersee zu machen. Das Wasser haben wir mit der Trinkflasche aus dem Bergbach im nahen Tobel geholt.
Nachdem sich Körper und Geist wieder etwas beruhigt hatten, war es Zeit für einen Kaffee. Im Transa Outdoor-Laden haben wir für nur CHF 39.90 eine
Handmühle mit einstellbarem Kegel-Keramikmahlwerk gekauft. Diese haben wir etwa zur Hälfte mit frischen Kaffeebohnen befüllt (mögen Sie's kräftig, nehmen Sie die
Espresso-Röstung, für aromatischen Kaffee die
Medium-Röstung), Deckel drauf und kurbeln. Und schon macht sich auf der Bergwiese der wunderbar würzige Duft nach frisch gemahlenem Kaffee breit.
Wie von unserem Chef-Barista Willy Zemp empfohlen, haben wir den Mahlgrad auf 4 eingestellt. Das heisst von der ganz feinsten Mahlung lassen wir das Zahnrad unten an der Mühle viermal klicken. Zwischen den Fingerspitzen sollte man wie kleine Würfelchen erspüren. Und in der Zwischenzeit haben wir auch schon das Wasser zum Kochen gebracht.
Nun kommt der etwas schwierige Teil. Nämlich den unteren Teil mit dem kochenden Wasser vom Feuer nehmen, mit dem gemahlenen Kaffee befüllen und mit dem oberen Teil fest zu verschliessen. Ein Küchenhandtuch, welches man ja nicht immer auf einer Wanderung dabei hat, würde hier sehr hilfreich sein. Dann geht es wieder zurück aufs Feuer. Zeit, etwas näher auf den Mahlgrad einzugehen. Zu Hause wollten wir es nämlich genauer wissen. Was passiert, wenn der Mahlgrad zu grob oder zu fein ist.
Wir machen die Probe aufs Exempel. Beim grob gemahlenen Kaffee ist das Wasser in nullkommanix durch. Die Brühe, weil Kaffee kann man das beim besten Willen nicht nennen, ist hellbraun und hat fast keinen Geschmack. Beim ganz fein gemahlenen Kaffee braucht das Wasser viel länger, um durch das Pulver zu kommen und kann so auch viel mehr Bitterstoffe lösen.
Wenn die Mokka nun zu röcheln anfängt, nehmen wir sie vom Feuer. Der in der Zwischenzeit aufgestaute Druck genügt, um das Wasser durch den Filter in den oberen Teil der Kanne zu pressen. Damit der Kaffee nicht den blechernen Geschmack der Kanne annimmt, sollte er so schnell wie möglich in die Tasse(n) gegossen werden.
Fertig ist der Kaffee-Hochgenuss in der wilden Walliser Bergwelt. Auch wenn das Wetter nicht so war, wie wir uns das gewünscht hätten, schmeckt Wildkaffee in der freien Natur mindestens(!) doppelt so gut.
Wieder zu Hause müssen Mühle und Kanne natürlich gereinigt werden. Die Mühle klopfen wir sorgfältig aus. Den Auffangbehälter eventuell mit Seife waschen. Beim nächsten mal mahlen entsorgen wir einfach die ersten zwei, drei Mahlumdrehungen, damit keine allenfalls vorhandenen Rückstände das Aroma des frisch gemahlenen Kaffees beeinträchtigen. Die Mokka Express spülen wir gut aus und lösen mit der Hand, einem Abwaschbesen oder einem Schwamm die leicht fetthaltige Schicht an den Wänden. Kein Spülmittel benutzen und auch nicht in den Geschirrspüler geben. Poröse Dichtungsringe sollten ersetzt werden, diese finden Sie in jedem grösseren Supermarkt.
Haben Sie auch schon Kaffee in der freien Wildbahn gebrüht? Was sind Ihre Erfahrungen? Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare.
P.S.: Hier übrigens nochmals die Geschichte unseres Agenten James Bean, in geheimer Mission in Äthiopien.
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