Wir in der Schweiz sind der italienischen Kaffeekultur näher als unsere Nachbarn im Norden aber auch bei uns kommen immer mehr Menschen auf den Geschmack und entdecken ein unglaubliches Aromenreichtum das nichts gemein hat mit dem oft beschworenen Jus aus Grossmutters Socken. Der schlechte Ruf des Filterkaffes kommt vor allem daher, dass die Kaffeebohnen früher meist zu dunkel geröstet wurden (damit lässt sich eine schlechte Bohnenqualität leichter kaschieren), der Kaffee oft stundenlang warmgehalten wurde und die röchelnden Filtermaschinen die oft den Handfilter abgelöst haben rein technisch einfach keinen guten Kaffee hinbringen (weil das Wasser immer am gleichen Ort aufplatscht).
Während auf Röstaromen getrimmte Espressi&Co nur eine kleine Bandbreite des Aromenspektrums der Kaffeebohne zur Geltung bringen offenbart schwächer gerösteter Filterkaffee die ganze mögliche Aromenbandbreite einer Kaffeesorte. Aber auch das steigende Kaffeewissen und neue Filtertechniken wie Aeropress oder Siphon haben dazu beigetragen, dass der Drip Brew, wie der Filterkaffee neumodisch heisst, bei einem immer breiteren Publikum grossen Anklang findet. Die Kaffeebohne ist mit ihren etwa 1000 bekannten Aromen etwa doppelt so komplex wie Wein. Kein Wunder deshalb, dass besonders Menschen mit Geschmack Filterkaffee als Genuss zelebrieren.
Was gibt es bei der Zubereitung zu beachten damit aus Lust nicht Frust sondern Genuss wird? Nachfolgend nennt uns unser Coffeologe Willy Zemp die wichtigesten Grundregeln für einen perfekten Filterkaffee. Abgesehen davon dass es verschiedene Systeme gibt braucht man eigentlich immer die gleichen 4 Instrumente und Zutaten. Will heissen:
Kaffee
Nicht zu dunkel geröstet, im Handel heissen die Röstungen meist Medium, mild oder Wiener Mischung. Mittelfein gemahlen, auf einer Skala von 1-10 so etwa 5-7. Zwischen 5 und 6 Gramm Pulver pro Deziliter Wasser. Warum nicht in eine einfache, aber gute Handmühle investieren? Frisch gemahlener Kaffee schmeckt immer am besten. Und auserlesene Kaffeebohnen, schonend geröstet, finden Sie hier, natürlich.
Filter und Filterhalter
Aus Papier, Glas, (Porzellan, Edelstahl) oder auch Stoff. Papierfilter halten etwas von den ätherischen Ölen zurück und müssen vor Gebrauch gewässert werden damit der Papiergeschmack rausgespült wird. Glas-, Porzellan- und Edelstahlfilter sollen vor dem Gebrauch mit heissem Wasser aufgewärmt werden. Stofffilter lassen alle Aromen durch sind aber einiges teurer als Papierfilter (etwa 5 Franken das Stück) und sollten höchstens dreimal gebraucht werden. Für den einfachen Hausgebrauch empfehlen wir einen Keramikfilterhalter, zum Beispiel zu CHF 19.80 bei kialoa.
Wasser
Die Temeperatur sollte so zwischen 88° C und 94° C betragen. Dafür das Wasser am besten kochen und dann eine Minute stehen lassen. Wasserhärte von 5-8 deutsche Härtegrade wäre ideal. Wenn das Wasser zu weich ist schmeckt der Kaffee sauer, ist es zu Hart wird er stumpf und flach. Wenn Sie einen Wasserfilter benutzen sollten Sie (je nach Härtegrad) für das Kaffeewasser ca. 1/3 Filterwasser und 2/3 Leitungswasser benutzen. Sie können aber auch ein schwach mineralisierte Mineralwasser verwenden.
Kaffeekanne
Auch hier gilt vorwärmen. Porzellan oder Glas machen die beste Figur wobei Porzellan den Kaffee am längsten warm hält, beim Glas kommt die Farbe schön zur Geltung.
Die Zubereitung ist nun spielend einfach und wird nach zwei-, dreimal üben zum besinnlichen Genussritual. Filterpapier reinigen, Filter, Halter und Kaffeekanne mit heissem Wasser ausspülen.
Dann das Pulver in den Filter geben und mit dem heissen Wasser netzen. So verflüchtigt sich das CO2, das Pulver quillt auf und bindet Aromastoffe. Dann das restliche Wasser kreisend nachgiessen. Profis (ja, es gibt tatsächlich Filterkaffee-Weltmeisterschaften) brauchen dazu eine Stopp-Uhr denn die perfekte Giessdauer beträgt zwei Minuten und 30 Sekunden.
Fertig ist die an Koffein reiche Aromabombe. Filterkaffee sollte innerhalb von etwa 20 Minuten genossen werden und das mit dem Warmhalten oder Aufwärmen vergessen Sie am besten. Bei lauwarmem Kaffee schmeckt man noch mehr Aromen heraus als bei heissem. Lauwarmer Filterkaffee sollte nie bitter schmecken.
Filterkaffee geniessen ist nahe beim Teegenuss. Die typischen Röstaromen fallen weg und lassen vielfältigen, fruchtigeren Aromen Platz, auch die Farbe ist dem Tee näher als dem Espresso. Je nachdem wo Sie Ihren Filterkaffee am liebsten zubereiten bieten sich andere Systeme an. Für unterwegs ist die Aeropress die perfekte Wahl, für Kaffee und Kuchen die Karlsbader Kanne. Aber auch die klassischen Methoden mit Melittafilter oder der French Press haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Der Geheimtipp unseres Baristas ist aber die klassisch, elegante Chemex mit dem Edelstahlfilter.
Im Netz finden Sie ganz viele weiterführende Informationen zum Thema Filterkaffee. Ganz besonders empfehlen wir Ihnen die Website Brew Methods, dort finden Sie alles was Sie wissen möchten über die verschiedensten Brühmethoden die es auf der Welt gibt. Hier geht's zu einem vier minütigen Youtube-Video zum Comeback des Filterkaffees. Einen ausführlichen Bericht zur Rückkehr des Filterkaffees hat der Beobachter vor einem Jahr geschrieben und der Blog Kuchenkult hat einen unterhaltsamen und lesenswerten Artikel publiziert.
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