Donnerstag, 7. Januar 2016

Wild-, Wald- und Wiesenkaffee. Verstehe den Unterschied

Dass das Wissen um guten Kaffee stetig zunimmt ist eine erfreuliche Tatsache. Zu lange wurde einfach nur nach Lieblingsmarke oder -land eingekauft. Immer mehr Kriterien bieten sich dem Konsumenten an und damit steigt auch die Qual der Wahl. Die Übersicht zu behalten, ist nicht einfach, zumal es oft keine klare Regeln gibt. Im Bezeichnungsdschungel herrscht Wildwuchs. Da das Strukturieren ein menschliches Grundbedürfnis zu sein scheint, wird auch beim Kaffee einmal ein ganzes Regelwerk den Konsumenten vor falschen Angaben schützen. Bis es soweit ist, bringen wir bereits ein mal etwas Licht ins Dunkel und klären die Unterschiede zwischen Wild-, Wald- und Wiesen- oder besser gesagt Plantagen-Kaffee.

Plantagenkaffee

Eine Kaffeeplantage in Agua Branca, Brasilien || Source: viralgecko.com
Der Anbau von Kaffee ist mit beträchtlichen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. Traditionell wurde Kaffee im Schatten umstehender, großer Bäume angebaut. Bei dieser Methode bleibt ein Teil des natürlichen Lebensraumes erhalten, was mit einer deutlich höheren Artenvielfalt einhergeht. Stellenweise reicht die Vielfalt sogar an die des unberührten Waldes heran, auch wenn sie als Folge der Bewirtschaftung in der Regel sinkt. Weil die Reifezeit solcherart gezogenen Kaffees länger ist und pro Hektar weniger Kaffeepflanzen Platz finden, sind viele Kaffeebauern (noch verstärkt im Zuge fallender Weltmarktpreise durch die Kaffeekrise) dazu übergegangen, bestehende Bäume zu roden und Kaffeebohnen in großen Monokulturen unter freiem Himmel zu ziehen. Die vorhandenen Studien zeigen einen drastischen Effekt auf die Biodiversität. Unter anderem finden Zugvögel in den baumfreien Plantagen keinen Unterschlupf mehr und die Balance aus Schädlingen und Nützlingen, die im traditionellen Kaffeeanbau beobachtet werden kann, versucht man durch den Einsatz von umweltschädlichen Pestiziden auszugleichen.

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem oben beschriebenen „Sonnenkaffee“ und tropischer Entwaldung. Unter den 50 Ländern mit der höchsten Entwaldungsrate in den Jahren 1990 bis 1995 befinden sich gleichzeitig 37 Produzenten von Kaffee. Die 25 wichtigsten Kaffee-Exporteure verloren im selben Zeitraum jährlich 70.000 km² an Waldfläche. Die Folge ist ein deutlicher Rückgang der Artenvielfalt, im Fall von Vögeln um bis zu 90 %. Weitere Folgen sind verstärkte Bodenerosionen, besonders im Wanderfeldbau und unter Einsatz von Herbiziden, welche die schützende Vegetationsschicht der Böden vernichten, sowie abnehmende Wasserqualität im Umfeld von Kaffeeplantagen. Letzteres wird gut illustriert durch die Berechnung, dass für Anbau, Verarbeitung, Verschiffung, Röstung und Zubereitung einer Tasse Kaffee insgesamt 140 Liter virtuelles Wasser benötigt werden.

Deutlich geringere Umweltfolgen gehen vom ökologischen Anbau von Kaffee aus. Im Öko-Anbau ist unter anderem der Einsatz von Pestiziden verboten, während gleichzeitig Maßnahmen zur Verhinderung von Bodenerosion getroffen werden müssen. Gleichzeitig kann das Einkommen mancher Bio-Kaffeebauern stabilisiert werden, was etwa in Chiapas, Mexiko, der Fall ist. Im Jahr 2010 wurden ca. 6,5 % der weltweiten Kaffee-Anbaufläche ökologisch bewirtschaftet, wobei über 90 % dieser Flächen in Peru, Äthiopien und Mexiko lagen.

Wir haben uns erlaubt, die drei obigen Abschnitte direkt aus Wikipedia zu kopieren, dies aus dem einfachen Grund dass sie sehr gut die Problematik des Plantagenkaffees aufzeigen. Bei gewissen Plantagen findet aber ein Sinneswandel statt (oder hat bereits statt gefunden). Es wird biologisch oder gar nach biodynamischen Grundsätzen angebaut, oft auch in Mischkulturen mit anderen Fruchtbäumen. Und auch Kaffee-Grosskonzerne haben reagiert und Labels wie Shade Grown oder Bird Friendly Coffee entwickelt, um das Gewissen besorgter Konsumenten zu beruhigen.


Waldkaffee

Alte Semi-Waldkaffee-Pflanzung
Bei der Bezeichnung Waldkaffee beginnen sich die Geister bereits zu scheiden. Während Die Welt in ihrem Artikel Der Rolls-Royce unter den Kaffees schreibt, Waldkaffee, und nicht Wildkaffee, sei die einzig richtige Bezeichnung für Kaffee der an wild wachsenden Bäumen im Wald wächst sind wir - wie viele andere auch - der Ansicht, Waldkaffee sei ein Gummibegriff der viele verschiedene Arten von Kaffee bezeichnen kann. Unsere Kollegen von Coffee Circle zum Beispiel preisen ihren Waldkaffee als biodiversitätsschonende, aromareiche Alternative zum Plantagenkaffee an. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Waldkaffee aber als Waldgarten-Kaffee der bei anderen Anbietern auch nur als Gartenkaffee angeboten wird. Im internationalen Kaffeehandel bezeichnet man diesen Kaffee als Semi-Forest-Plantation Coffee. In unserem Beitrag Wildkaffee vs Plantagenkaffee - die Fakten erkären wir im Abschnitt Anbau die Unterschiede zwischen all diesen Bezeichnungen. Beim Semi-Forest sowie dem Semi-Forest-Plantation-Kaffee werden gezüchtete Kaffeesetzlinge gepflanzt, entweder im gelichteten Wald oder rund um die Hütten der Dörfer.

Je nach Pflegeintensität und Know-How der Bauern stehen die Kaffeesträucher in der Dichte von 3.000 bis über 22.000 (!) Pflanzen pro Hektar. Bei intensiver Pflege hat der Bestand eine deutlich regelmäßige, hexagonale Pflanzstruktur mit einer optimalen Bestandsdichte von 4.000 Pflanzen pro Hektar. Meist werden dann auch selektierte, ertragsreiche Sorten verwendet, die sich im Wuchs und Alter deutlich von Wildkaffee-Sorten unterscheiden. Sie wurden im Rahmen des EU-finanzierten, mehrstufigen Coffee-Improvement-Programmes an die Bauern verteilt und haben vielerorts die lokalen Wildsorten verdrängt oder kreuzen sich mit diesen, was langfristig zu einer genetischen Verarmung führt schreibt Jörg Volkman im lesenwerten Blog Kaffee-Satz! Man kann davon ausgehen, dass die meisten Semi-Forest-Kaffees biologisch sind, auch ohne Zertifizierung. Bei den Semi-Forest-Plantation-, Waldgarten, oder Garten-Kaffees ist der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden nicht auszuschliessen. Und auch hier hat die Industrie mit dem Deforestation-Free-Kaffee ein Label initiiert, dass gutes Gewissen schaffen soll.


Wildkaffee


Aber auch Wildkaffee ist keine klar geregelte Bezeichnung. Was Sie bei uns als Wildkaffee kaufen ist nämlich, ganz genau ausgedrückt, ein Forest-Coffee aus zertifizierter Bio-Wildsammlung aus unberührten, geschützten Bergregenwäldern. Original Food ist übrigens das einzige Unternehmen, dass diese Zertifizierung erhalten hat. In dem wir diesen Regenwäldern einen ökonomischen Wert geben retten wir sie -  in Zusammenarbeit mit dem Verein "GEO schützt den Regenwald" und dem deutschen Naturschutzbund NABU - vor der Abholzung und mit dem Verkauf des Kaffees generieren wir der lokalen Bevölkerung ein faires Einkommen. Seit kurzem finden Sie auch bei Coop einen Slow Food-Wildkaffee. Wenn wir uns die Packung genauer ansehen lesen wir bei Varietät die Bezeichnung "Typica". Wenn dem tatsächlich so ist, dann handelt es sich bei diesem Wildkaffee um Waldkaffee des Typs Semi-Forest, denn Typica ist eine genetisch weiterentwickelte Varietät die auf der ganzen Welt zu finden ist. Das typische an unserem Wildkaffee ist aber gerade die riesige Sortenvielfalt von über 5000 Varietäten, die in den Kaffa-Bergregenwäldern bisher entdeckt wurden.

Sie sehen, es ist nicht einfach, sich in diesem Dickicht an Bezeichnungen zurecht zu finden. Zögern Sie also nicht, Bezeichnungen kritisch zu hinterfragen. Nur gut informiert können Sie gut entscheiden und jeder Kassenbon ist ein Wahlzettel für die Welt, die Sie sich wünschen. Übrigens, der Regenwald ist nicht nur enorm wichtig für den Klimahaushalt der Erde sondern auch ein äusserst wichtiges Reservoir für die Artenvielfalt.

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